Fragen und Antworten
EU-Verordnung zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme – Nature Restoration Law (NRL)
Warum ist das Nature Restoration Law wichtig?
Intakte Lebensräume sind die Lebensgrundlage unserer Gesellschaft. Sie sind wichtige Verbündete in der Klimakrise, da sie CO2 speichern (v.a. Moore und Wälder), bei Naturgefahren helfen, indem sie Überschwemmungen und Dürren abfedern und sie sind wichtig, um die biologischen Vielfalt zu erhalten. Gesunde Böden und Gewässer sind das Fundament für Lebensmittel und Rohstoffe und stellen wertvolle Erholungsräume dar.
Der Zustand der Lebensräume in der EU ist durch massiven Ressourcenverbrauch, Landnutzung, Verbauung, kurz, durch nicht nachhaltiges Wirtschaften und Konsumieren stark unter Druck geraten. Mehr als 80% der bewerteten Lebensräume in der EU sind in einem schlechten Zustand. Durch die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme werden die durch den Menschen verursachten Schäden wieder repariert und unsere Lebensgrundlagen wiederhergestellt. Dieses Anliegen verfolgt das geplante EU Nature Restoration Law. Intakte Lebensräume sollen unsere Gesellschaft schützen.
Führt das NRL zu Enteignung oder zu Bewirtschaftungsverboten?
Nein, die Enteignung von Landeigentümer:innen sowie Bewirtschaftungsverbote für Landnutzer:innen sind im NRL nicht vorgesehen. Im Zusammenhang mit der Wiedervernässung von ehemaligen Moorböden wird sogar dezidiert darauf hingewiesen, dass diese für Landwirt:innen und Landbesitzer:innen freiwillig ist. Die Wiederherstellung von Ökosystemen soll vielmehr durch ökonomische Anreize sowie gezielte Schulungen und Beratung vorangetrieben werden.
Art. 11 Abs. 4 enthält im finalen Text dazu folgende Formulierung: „Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Zielvorgaben für die Wiedervernässung … zu erreichen, bedeutet nicht, dass Landwirte und private Landbesitzer– für die die Wiedervernässung auf landwirtschaftlichen Flächen weiterhin freiwillig ist – zur Wiedervernässung ihrer Flächen verpflichtet sind, unbeschadet der Verpflichtungen, die sich aus dem nationalen Recht ergeben.
Die Mitgliedstaaten schaffen, soweit erforderlich, gegebenenfalls Anreize für die Wiedervernässung, um sie zu einer attraktiven Option für Landwirte und private Landbesitzer bzw. Landeigentümer zu machen, und fördern den Zugang zu Schulungen und Beratung für Landwirte und andere Interessenträger zu den Vorteilen der Wiedervernässung von Torfflächen und zu den Optionen der anschließenden Landbewirtschaftung und damit verbundenen Möglichkeiten.“
Ist die Umsetzung des NRL kostspielig? Gibt es Fördermöglichkeiten? Gibt es einen klaren ökonomischen Nutzen?
Wesentliche Teile des Wiederherstellungsverordnung (insbesondere die Maßnahmen des Art. 4) sind bereits über geltende Regelungen (FFH- und Vogelschutz-Richtlinie) verpflichtend und wurden bereits budgetiert. Für die darüber hinausgehenden und zusätzlichen Kosten können zahlreiche Fördertöpfe der Europäischen Union in Anspruch genommen werden, für die allerdings auch nationale Kofinanzierungen erforderlich sind.
Die Umsetzung des NRL ist zwar mit Kosten verbunden. Diese werden aber von vielen positiven wirtschaftlichen Effekten mehr als kompensiert:
Das NRL zielt auf die umfassende Wiederherstellung von degradierten Ökosystemen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bis 2050 ab. Neben der Sicherung von intakten Lebensräumen und der Bewahrung der biologischen Vielfalt sollen auch Leistungen der Natur für den Menschen (sog. Ökosystemleistungen) erhalten werden – beispielsweise fruchtbare Böden, Trinkwasserversorgung, Bestäubung, Schutz vor Naturgefahren oder etwa Freizeit und Erholung. Zentrale Bestandteile des Wiederherstellungsgesetzes waren und sind bereits über Europäisches Naturschutzrecht, das in nationales Recht überführt worden ist, verpflichtend umzusetzen.
Die Mitgliedstaaten haben die Kosten in sogenannten prioritären Aktionsrahmen (PAF) abgeschätzt und der Europäischen Union bekannt gegeben, damit diese in den vorhandenen EU-Fonds budgetiert werden können. Die Umsetzung des NRL ist zwar mit substanziellen Kosten verbunden, diese werden jedoch von vielen positiven wirtschaftlichen Effekten mehr als kompensiert: die Wirkungsanalyse der EU-Kommission beziffert eine Reihe ökonomischer Vorteile und eine deutlich positive Kosten-Nutzen Relation. So schaffen Wiederherstellungsprojekte nicht nur Arbeitsplätze vor Ort, sondern bieten auch Entwicklungsperspektiven insbesondere in ländlichen und deindustrialisierten Gemeinden.
Die Fördermöglichkeiten sind vielfältig und reichen von EU-Förderprogrammen (z.B. LIFE+, Interreg etc.) über Förderungen der Mitgliedsstaaten (ÖPUL, Biodiversitätsfonds) bis hin zu Finanzierungsmöglichkeiten im Bereich von Green-Finance und EU-Taxonomie.
Details: Ökonomischer Nutzen
Gefährdet das NRL die Ernährungssicherung?
Nein. Die Ernährungssicherheit wird als zentrales Ziel der Verordnung in Artikel 1 definiert: „Dies ist notwendig, um eine bezahlbare, gesunde und nachhaltige Lebensmittelproduktion zu gewährleisten.“
Am Beispiel der landwirtschaftlichen Nutzung zeigen wissenschaftliche Studien, dass die Wiederherstellung degradierter Böden das Potential bietet, die Lebensmittelproduktion insgesamt zu verbessern, indem fruchtbarerer Boden, bessere Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Produktivität geschaffen werden. Auch die in der Verordnung vorgesehene Förderung bestäubender Insekten in der Agrarlandschaft trägt maßgeblich zur Sicherung der Ernährungssicherung und der Erträge bei. Zusätzlich wurde mit Artikel 27 die folgende Klausel in das NRL eingebaut: „Bei Gefahr für die Versorgung mit Lebensmitteln, kann die Kommission die Umsetzung von Artikel 11 (zu landwirtschaftlichen Ökosystemen) aussetzen.“
Ist das Timing der Umsetzung zu straff, müssen die Mitgliedsstaaten viel zu rasch umsetzen?
Nein. Das Timing erstreckt sich mit Abstufungen bis 2050. Das Wiederherstellungsgesetz sieht eine Handlungsverpflichtung und keine Zielerreichungsverpflichtung vor, es geht also darum, dass Maßnahmen gesetzt werden und nicht darum, dass Altholzbestände oder Moore schon nachgewachsen bzw. vollständig wiederhergestellt sind.
Die Zeitpläne des Wiederherstellungsgesetzes wurden in der überarbeiteten Form adaptiert. Der erste Wiederherstellungsplan darf nun primär nur die Ziele und Maßnahmen bis 2030 umfassen. Erst der nächste Plan (2032) soll auch die 2040er und 2050er Ziele umfassen. Auch wurde den Mitgliedsstaaten nun bis 2030 Zeit gegeben, bestehende Datenlücken zu füllen. Die Umsetzung von Artikel 4 kann sich zur Zielerreichung bis 2030 vorwiegend auf bestehende Natura 2000 Gebiete konzentrieren. Die Maßnahmen für Natura 2000 waren seit In-Kraft-Treten der EU-Naturschutzrichtlinien (für Österreich mit dem EU-Beitritt im Jahr 1995) umzusetzen. Somit hatte Österreich bereits knapp 30 Jahre Zeit, um sich auf diese Maßnahmen vorzubereiten bzw. diese auch bereits umzusetzen.
Ignoriert die EU-weite Regelung die nationalen und regionalen Bedürfnisse und ist daher als Instrument ungeeignet?
Nein. Die Nationalen Wiederherstellungspläne sowie deren Umsetzung sind von den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten zu erstellen und (natürlich) auf nationale Erfordernisse abzustimmen.
Maßnahmen zur Zielerreichung liegen in der Verantwortung der Mitgliedsstaaten. Für die Wiederherstellungspläne sind lokale und regionale Behörden, Landbesitzer:innen und Landnutzer:innen und deren Verbände, Organisationen der Zivilgesellschaft, die Wirtschaft, Forschungs- und Bildungsgemeinschaften, Landwirte, Fischer, Forstwirte, Investor:innen und andere relevante Interessenträger:innen sowie die breite Öffentlichkeit in allen Phasen der Ausarbeitung, Überprüfung und Umsetzung einzubeziehen.
Die Daten der FFH-Berichte (Artikel 17-Reporting) zeigen auf, dass bei der Umsetzung von Naturschutz auf nationaler Ebene noch Handlungsbedarf besteht. Die EU-weite Umsetzung hat den Vorteil, dass nicht nur Österreich, sondern auch alle anderen Mitgliedsstaaten wirksame Maßnahmen umsetzen. EU-weit gleiche Standards verhindern eine Wettbewerbsverzerrung und bewirken, dass die österreichische und europäische Bevölkerung auch von den Maßnahmen der 26 anderen EU-Staaten profitieren.