Stilllegung des Kernkraftwerks Mühleberg
Der Betreiber der Anlage, die BKW Energie AG, hat im Oktober 2013 die Grundsatzentscheidung getroffen, den Leistungsbetrieb im Dezember 2019 zu beenden und im Anschluss das Kernkraftwerk Mühleberg endgültig außer Betrieb zu nehmen. Anschließend soll das Kernkraftwerk rückgebaut werden.
Das dafür erforderliche Stilllegungsprojekt und ein Gesuch auf Anordnung der Stilllegung nach Art. 28 Kernenergiegesetze (KEG) wurden von BKW im Dezember 2015 beim zuständigen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) in Bern eingereicht.
Nachdem die Behörden die Vollständigkeitsprüfung abgeschlossen haben, lagen die Unterlagen für jedermann vom 4. April 2016 bis zum 3. Mai 2016 öffentlich auf.
Für das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat das Umweltbundesamt eine Fachstellungnahme erstellt. Die gegenständliche Fachstellungnahme hatte insbesondere zu beurteilen, ob die Informationen im Stilllegungsbericht (und den ergänzenden Teilberichten) eine Beurteilung möglicher erheblich nachteiliger Auswirkungen auf Österreich erlauben.
Die wesentlichsten Schlussfolgerungen aus dieser Fachstellungnahme sind:
Allgemeiner Überblick über die Dokumentation
Die von BKW vorgelegten Unterlagen decken alle durch die KEV und RL ENSI-G17 verlangten Inhalte ab.
Beurteilung der Angemessenheit des vorgeschlagenen Bezugsrahmens
Der Stilllegungsprozess ist in der Dokumentation ausreichend definiert und beschrieben. Der gesamte Stilllegungsprozess umfasst 4 Phasen: die Vorbereitungsphase (von der Endgültigen Einstellung des Leistungsbetriebs, über die Etablierung des Technischen Nachbetriebs bis zur Endgültigen Außerbetriebnahme), die Stilllegungsphase 1 (Entfernung allen Kernbrennstoffs), die Stilllegungsphase 2 (Demontage und Transfer des restlichen Aktivitätsinventars) und die Stilllegungsphase 3 (bis zur Feststellung, dass die Anlage keine radiologische Gefahrenquelle mehr darstellt). Die genauen Modalitäten des Transports der radioaktiven Abfällen sowie der abgebrannten Brennelemente vom KKM zur Zwischenlager Würenlingen AG (ZWILAG) werden in keinem Berichtsteil detailliert behandelt. Es wird daher empfohlen, die Auswirkungen des Transports von radioaktiven Abfällen sowie von abgebrannten Brennelementen zu evaluieren bzw., falls die-se Analysen schon durchgeführt wurden, die entsprechenden Ergebnisse zu präsentieren.
Störfälle und Unfälle
Die Vorbereitungsphase soll 9 Monate lang dauern, wobei sich der Brennstoff vom letzten Leistungsbetrieb noch immer im Reaktor befindet und die Nachzerfallswärme durch die bestehenden Nachwärmeabführsysteme abgeführt wird. Die Lagerung des Brennstoffs im offenen Reaktorbehälter für eine solche Zeitperiode birgt ein Gefährdungspotential in sich, insbesondere in Bezug auf einen ebenso langen Betrieb der bestehenden Nachwärmeabführsysteme.
Die Ereignisse, bei denen eine mögliche Gefahr für Brennstoffschmelzemissionen während der Vorbereitungsphase besteht, wurden im Bericht nicht behandelt, weil diese bereits mit der Deterministische Störfallanalyse (DAS) für den Leistungsbetrieb abgedeckt wurden. Die Lagerung des Brennstoffs im offenen Reaktorbehälter während der Vorbereitungsphase stellt ein Gefährdungspotential dar, welches zu erheblichen nachteiligen grenzüberschreitenden Auswirkungen auf Österreich führen könnte.
Das Kapitel zum Thema Flugzeugabstürze enthält Unklarheiten. Die Schlussfolgerung am Ende dieses Abschnittes, dass für den Flugzeugabsturz auf das Reaktorgebäude der Nachweis der Einhaltung der technischen und radiologischen Kriterien erbracht wurde, stimmt mit der technischen und radiologischen Bewertung in den Teilen davor, die sich auf einen Flugzeugabsturz auf das Maschinenhaus bezieht, nicht überein. Es wäre wünschenswert, wenn ein Ereignis „Flugzeugabsturz auf das Reaktorgebäude“ für verschiedene Flugzeugkategorien (einschließlich einem großen Verkehrsflugzeug) untersucht werden würde.
Zu Erdbeben wird ausgeführt, dass das 10.000-jährige Erdbeben „nach gültiger Erdbebengefährdung“ zugrunde gelegt wird und Bauwerke, Systeme und Komponenten dies auch überstehen. Es wird nicht genauer erläutert, welchen Lastannahmen dieses 10.000-jährige Erdbeben entspricht. Insbesondere wäre von Interesse, ob dabei bereits die Ergebnisse des Pegasos Refinement Project Berücksichtigung fanden. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Erdbeben den dominanten Beitrag zur Fuel Damage Frequency (FDF) liefern.
Vor dem Hintergrund nicht ausschließbarer externer Ereignisse (Erdbeben, Flugzeugabsturz) wären Szenarien beschleunigten Abtransportes der Brennelemente aus dem Brennelementlagerbecken ins ZWILAG zu entwerfen, sodass Ereignisse mit Freisetzungen, welche auch das Potential einer Beeinträchtigung Österreichs in sich bergen könnten, vermieden werden können.