Energieeffizientes Cloud Computing
Das österreichische Umweltbundesamt und das deutsche Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit haben Empfehlungen für umweltschonende digitale Infrastrukturen in Europa entwickelt. Dafür haben sie im Auftrag der Europäischen Kommission Trends und Potenziale von Cloud Computing analysiert.
Cloud Computing ist der Megatrend in der Computertechnik. Es ermöglicht Unternehmen und privaten Nutzern, Daten und Anwendungen ins Internet zu verlagern. Das ist praktisch und bietet viele Vorteile, ist aber nicht ohne Folgen für die Umwelt, wie eine aktuelle Studie des österreichischen Umweltbundesamts und des deutschen Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit zeigt. Die ExpertInnen gehen davon aus, dass durch Cloud Computing der europäische Energiebedarf der Rechenzentren bis 2025 auf über 90 Terawattstunden pro Jahr ansteigen wird. Das ist mehr als der gesamte Stromverbrauch Österreichs eines Jahres (75 Terrawattstunden im Jahr 2019). Wie daher die Energieeffizienz von Cloud Computing in Europa gesteigert werden kann und wie die öffentliche Beschaffung dazu beitragen kann, haben Umweltbundesamt und Borderstep im Auftrag der Europäischen Kommission analysiert.
Steigender Bedarf kompensiert Effizienzgewinne
Der Energiebedarf von Rechenzentren in den Mitgliedsstaaten der EU ist zwischen 2010 und 2018 stark gestiegen, von rund 54 auf rund 77 Terrawattstunden pro Jahr. Der Großteil dieses Bedarfs fällt in Nord- und Westeuropa an, wo sich die meisten Datenzentren in der EU befinden. Cloud Computing ist im Jahr 2018 für 35% des Energiebedarfs der Rechenzentren verantwortlich. Bis zum Jahr 2025 wird dieser Anteil voraussichtlich auf 60% ansteigen.
Treiber des Energiebedarfs sind die Digitalisierung, die zunehmende Verfügbarkeit und die verstärkte Nutzung von Cloud-Diensten. Sie machen die erheblichen Effizienzgewinne, die in den letzten Jahren durch verbesserte Hardware, Software und Rechenzentrumsinfrastruktur erzielt wurden, mehr als wett. Noch kann der Anstieg des Energiebedarfs der Rechenzentren aber gebremst werden. Durch Anstrengungen von Wirtschaft und Politik z.B. durch Einsatz von energieeffizienter Technik, durch Weichenstellungen in der Forschungs- und Entwicklungspolitik oder in der öffentlichen Beschaffung ist es möglich, den Energiebedarf bis 2030 wieder auf das Niveau von 2010 zu senken.
Empfehlungen für grünes Cloud Computing
Die Studie zeigt, wie Energie für Cloud Computing künftig noch besser ausgenutzt werden kann. Mehr Effizienz ist etwa bei der Softwareentwicklung für rechenintensive Anwendungen wie Modell- und Simulationsrechnungen oder den Einsatz von Künstlicher Intelligenz möglich. Aber auch bei der Übertragung in Datennetzen, durch verbesserte Auslastung der IT-Ressourcen und durch den Einsatz neuer effizienter Hardware kann künftig mit weniger Energie mehr erreicht werden. Die ExpertInnen von Borderstep und Umweltbundesamt empfehlen daher, technologische Innovationen in diesen Bereichen zu fördern. Gleichzeitig raten sie zu mehr Transparenz bei der Energieeffizienz von Cloud Computing, damit private Nutzer und Unternehmen in Europa sich bewusst für umweltfreundliche, digitale Dienste entscheiden können. In der Studie wird außerdem empfohlen, entsprechende Richtlinien und Labels zu entwickeln, Anreize für umweltfreundliche Rechenzentren zu schaffen und den gesetzlichen Rahmen entsprechend anzupassen.
Bei öffentlichen Ausschreibungen spielt die Energieeffizienz von Cloud Computing Services derzeit noch eine untergeordnete Rolle. Werden die richtigen Weichen gestellt, kann sie aber laut ExpertInnen zu einem wichtigen Vorreiter beim Einsatz von grünem Cloud Computing werden. Schließlich nutzt auch in der Verwaltung diese Services immer stärker, z.B. bei der Analyse von Big Data im Gesundheitswesen. Bis dato gibt es in Europa nur freiwillige Plattformen und Netzwerke, Leitlinien und Standards für grüne öffentliche Beschaffung von Cloud Computing. Umweltaspekte fehlen auch in den Roadmaps der EU-Mitgliedstaaten für die digitale Zukunft. Sie umfassen Internetzugang, Datensicherheit, Datenübertragung und Aufbau von Dateninfrastrukturen, klammern ökologische Aspekte aber aus.
Von Best Practice Beispielen lernen
Best-Practice Beispiele, die für die Studie gesammelt und analysiert wurden, zeigen schon heute, wie energie-effiziente Cloud-Computing Technologien von morgen aussehen könnten. Öffentliche und private Initiativen quer durch Europa verwenden beispielsweise effizientere Kühlsysteme für Rechenzentren, speisen Abwärme der Server ins Fernwärmenetz ein, bauen Rechenzentren in natürlich kühlen Gegenden oder versorgen diese mit erneuerbaren Energien. Die Studie „Energieeffizientes Cloud Computing“ schafft eine Grundlage, um eine nachhaltige Entwicklung auch in diesem Technologiebereich zu forcieren.
Studie: Energy-efficient Cloud Computing Technologies and Policies for an Eco-friendly Cloud Market