Neue Methode für CO2-Monitoring in Wien auf „hohem Niveau“
In Großstädten, wo ein besonderer Handlungsbedarf in punkto Klimaschutz besteht, könnten Messsysteme, die in der Lage sind, lokale Emissionen zu erfassen, eine rasche Antwort auf die Frage nach der Wirksamkeit und Treffsicherheit von Klimaschutzmaßnahmen geben.
In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben die BOKU, Umweltbundesamt und A1 Telekom AG erstmals in Wien eine Methode im urbanen Raum erprobt, die zeitnahe Daten liefert, aus denen etwa Korrelationen mit Verkehrsspitzen und Heizgradtagen ersichtlich sind.
Seit Dezember 2017 testen die Universität für Bodenkultur Wien, das Umweltbundesamt und die A1 Telekom AG die Anwendbarkeit einer Messmethode, die sich im Fall von landwirtschaftlichen Flächen oder Wäldern vielfach bewährt hat, auch über urbanem Gebiet. Ziel des Forschungsprojektes war es, die CO2-Emissionen der Stadt Wien mittels der Eddy-Kovarianz-Methode zu quantifizieren. Um einen möglichst großen Ausschnitt des Stadtgebietes mit einer Messung abdecken zu können, braucht es eine entsprechend große Messhöhe bei gleichzeitig zentraler Lage, zwei Eigenschaften, die den A1 Funkturm am Arsenalgelände zum idealen Standort machten. Im Rahmen des Projektes CarboWien wurde auf der Plattform des Turms in 144 Metern Höhe über der Stadt ein Eddy-Kovarianz-System installiert, das unter anderem die CO2-Konzentration und die vertikale Windgeschwindigkeit in einer zeitlichen Auflösung von 20 Messungen pro Sekunde misst. „Die hohe Messfrequenz von 20 Hertz erlaubt die Berechnung von halbstündlichen Mittelwerten für den vertikalen turbulenten CO2-Austausch zwischen Stadt und der atmosphärischen Grenzschicht, der im Gleichgewicht mit den windwärts gelegenen Netto-CO2-Emissionen ist,“ erläutert Helmut Schume vom Institut für Waldökologie (IFE) der BOKU.
Schnelle Informationen zu CO2-Emissionen
Die Ergebnisse der Messungen aus den Jahren 2018-2020 wurden nun Anfang des Jahres in der Fachzeitschrift Atmospheric Environment publiziert. Sie zeigen, dass das Eddy-Kovarianz-System tatsächlich eine plausible, unabhängige Messung der Netto-CO2-Emission eines Großteils der Stadt ermöglicht. Als Vergleichsmaßstab dienten die aus Verbrauchsdaten ermittelten Jahreswerte für Wien, die Umweltbundesamt-Expert:innen in der Bundesländer-Luftschadstoffinventur (BLI) errechnen. Unter Abzug der punktuellen CO2-Quellen, die außerhalb des erfassten Messbereiches liegen, waren die gemessenen Netto-Emissionen für 2018 von 10,89 kt CO2 pro km² und Jahr dem zum Zeitpunkt der Auswertung aktuellsten Wert der BLI sehr ähnlich.
„Neben der schnellen Verfügbarkeit von Ergebnissen liegt ein weiterer Mehrwert der Methode in der Bereitstellung von räumlicher und zeitlicher Information zu den CO2-Emissionen,“ betont BOKU-Forscher und Umweltbundesamt-Experte Bradley Matthews. In den Messreihen ist eine enge Korrelation der Emissionen mit den Heizgradtagen zu erkennen, und die Tagesgänge an Werktagen spiegeln die morgen- und abendlichen Verkehrsspitzen deutlich wider. Im Jahresvergleich sticht das Frühjahr 2020 heraus, als die COVID-Maßnahmen dazu führten, dass die CO2-Emissionen aus den am dichtest bebauten Bezirken während des ersten Lockdowns um die Hälfte zurückgingen.
Wissenschaftliche Grundlagen für zielgerichtete Maßnahmen
A1 CFO Sonja Wallner erläutert: „Wir freuen uns, dass wir durch die Bereitstellung unserer Infrastruktur und Expertise einen Beitrag zur Messung von CO2-Emissionen in Wien leisten können. Die Reduktion von CO2-Emissionen ist ein wesentliches Ziel von A1. Wissenschaftliche Grundlagen sind die Basis für zielgerichtete Maßnahmen.”
Im Rahmen des Folgeprojektes Vienna Urban Carbon Laboratory untersuchen die Projektpartner nun unter Mitarbeit der Technischen Universität München, wie diese und andere atmosphärische Messmethoden das Treibhausgasmonitoring in der Stadt Wien unterstützen können.
Zur Publikation:
Tall tower eddy covariance measurements of CO2 fluxes in Vienna, Austria