Digitale Technologien in der Landwirtschaft
Umweltbundesamt entwickelt Konzept, um Umweltauswirkungen des Technologieeinsatzes zu bewerten
Die Digitalisierung in der Landwirtschaft soll neben vielen Vorteilen auch eine Verringerung der Produktionsmittel und eine umweltschonendere Produktion ermöglichen. Allerdings fehlt häufig eine ganzheitliche Bewertung der Umweltverträglichkeit der Technologien.
Die Expert:innen des Umweltbundesamtes haben gemeinsam mit Fachleuten der HBLFA Raumberg-Gumpenstein und der AGES ein Konzept anhand von Indikatoren entwickelt, mit dem der Einsatz von digitalen Technologien aus Umweltsicht praxisnahe beurteilt werden kann. Wie die Methode angewendet werden kann, zeigen Praxisbeispiele aus Tierhaltung und Pflanzenbau.
Das Umweltbewertungskonzept wurde für digitale Technologien entwickelt, die im Landwirtschaftsbetrieb im Einsatz sind bzw. zur Anwendung kommen können. Dazu zählen die Verwendung von Computern, Laptops und anderen digitalen Endgeräten, aber vor allem die Einbettung von digitalen Modulen oder Algorithmen in landwirtschaftliche Prozesse, wie bei der Melkrobotik oder beim Precision Farming. Das Konzept zur Bewertung des Technologieeinsatzes richtet sich an Fachleute in den Bereichen Landwirtschaft und Umwelt sowie an die Hersteller:innen der Technologien.
Die der Umweltbewertung zugrundeliegenden Indikatoren wurden aus verschiedenen Konzepten zusammengeführt, wie den Agrarumweltindikatoren der Gemeinsamen Agrarpolitik, den Guidelines der Welternährungsorganisation oder einem Bewertungsinstrument des Forschungsinstituts für biologischen Landbau. Darüber hinaus orientieren sie sich an den Prinzipien der Ökobilanzierung und an der Anleitung zur Umweltverträglichkeitserklärung sowie an der Bewertung von Ökosystemleistungen.
Zusätzlich werden Praxis-Indikatoren bzw. Erhebungsfragen vorgeschlagen, die von Anwender:innen leicht handhabbar sind. Vier Themenfelder mit zentraler Bedeutung für nachhaltige Entwicklung – Effizienz, Suffizienz, Resilienz und Konsistenz – bilden das Grundgerüst. Die Bewertung der einzelnen Umweltauswirkungen erfolgt durch Beantworten von Fragen oder Angaben zu einzelnen Umweltindikatoren. Diese Beurteilung kann bei Vorliegen neuer Erkenntnisse laufend verbessert werden.
Im Rahmen des Konzeptes wird zwischen Haupt- und nicht beabsichtigten Begleitwirkungen unterschieden. Diese Unterscheidung ermöglicht es, sich in den komplexen Wirkungszusammenhängen eines landwirtschaftlichen Betriebes und seiner Umweltbeziehungen auf die dominanten Effekte zu konzentrieren.
Einsatz von Robotern, Sensoren & Co
Das Konzept zur Umweltbewertung von digitalen Technologien in der Landwirtschaft wird um einen Praxisteil ergänzt. Dabei werden die zugrundeliegenden landwirtschaftlichen Prozesse von Expert:innen gemeinsam mit Praktiker:innen aus der Landwirtschaft Schritt für Schritt beschrieben und die Umwelteffekte differenziert bewertet.
Durch den Einsatz eines Futteranschieberoboters beispielsweise, kommt es zum ständigen Auflockern und Anschieben des Futters für Rinder. Damit steigt die Futteraufnahme, die Leistung der Tiere ist höher und Landwirt:innen werden in ihrer Arbeit entlastet. Die Umweltbewertung zeigt allerdings: Die erhöhte Grundfutteraufnahme bedingt primär einen höheren Futtermittelbedarf, zu Lasten einer verstärkten Landnutzung.
Ein weiterer Anwendungsfall ist der Sensor zur Brunsterkennung: Ein an der Kuh angebrachter Sensor erfasst Bewegungsmuster und andere physiologische Daten. Deren Auswertung erlaubt Rückschlüsse auf die Brunstphase und den Gesundheitszustand des Tieres. Die Herdenleistung kann durch diese Anwendung gesteigert werden, allerdings kommt es zu einem erhöhten Energie- und Futtermittelbedarf. Auch die Weiterverarbeitung der gesteigerten Produktmenge wird als umwelt-negativ eingestuft.
Ein weiteres Praxisbeispiel ist die Erkennung und Verortung von Unkrautnestern im Feld mittels Drohne. Damit kann die Acker-Kratzdistel punktgenau eingedämmt werden. Die Betriebsmitteleffizienz steigt durch die stark reduzierte Herbizidmenge, sinkt jedoch aufgrund des höheren Energieaufwandes durch den Drohneneinsatz und die Datenverarbeitung. Schadstoffausträge in den Boden und das Grundwasser werden aufgrund der Herbizidreduktion deutlich verringert.
Als viertes Praxisbeispiel wird die teilflächenspezifische, elektronisch geplante Stickstoff-Düngung beschrieben. Die Stickstoff-Menge wird exakt nach Bedarf ausgebracht, die Stickstoffeffizienz und der Ertrag dadurch gesteigert. Zwar ist damit ein höherer Ressourcenaufwand verbunden, allerdings sind die Stickstoff-Emissionen in das Grundwasser und in die Luft in Form von Lachgas-Emissionen geringer.
Mit dem vorgestellten Konzept liegt ein erster Ansatz zur strukturierten Vorgehensweise für die Umweltbewertung digitaler Technologien in der Landwirtschaft vor. Für konkrete Aussagen ist in vielen Fällen eine genauere Analyse von Praxisdaten und Erfahrungen notwendig. Durch die rasanten Veränderungen und Rahmenbedingungen in diesem Sektor ist eine stetige Weiterentwicklung und Anpassung notwendig, betonen die Expert:innen.