Raum für die Energie der Zukunft
Der Weg zur energieautarken Gemeinde ist noch weit. Die Vorreiter unter ihnen nehmen aber schon heute die Energiewende in die Hand und nutzen Methoden aus der Raumplanung, um Energie zu sparen und effizient einzusetzen. Der Schlüssel zum Erfolg sind energieeffiziente Raumstrukturen.
Die Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Das Lebensmittelgeschäft ums Eck. Der Strom aus der Steckdose vom nahe gelegenen Biomasseheizkraftwerk. Und der Radweg für die Ausfahrt am Wochenende fast vor der Haustür. Klingt gut? Gibt’s aber nur in der Stadt?! Nicht, wenn es nach den ExpertInnen für Energieraumplanung geht. Sie entwickeln Strategien, um energieeffiziente Raum- und Siedlungsstrukturen zu schaffen. Typisch für diese Strukturen sind kurze Wege. Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Lernen, Freizeit und Erholung können in der Nähe erledigt werden, Flächen sind gut genutzt. Denn wie eine Gemeinde oder Region mit Energie versorgt wird, wie sie verteilt und gespeichert wird und wofür sie verbraucht wird, hat großen Einfluss auf die Flächennutzung in einer Gemeinde. Umgekehrt bestimmen Flächenwidmungen die Energieinfrastruktur entscheidend mit.
Regionalentwicklung, Energiewende und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen, erfordert viel Planung und Kommunikation, um Nutzungskonflikte und negative Umweltfolgen zu vermeiden.
Energiewende geht alle an
Für den Neustart in eine klimaneutrale Energiezukunft muss der Energieverbrauch bis 2040 annähernd halbiert werden. Kohle, Öl und Erdgas muss durch Energie aus Wasser, Sonne, Wind und Biomasse ersetzt werden. Dafür sind auf allen Ebenen und in allen Bereichen Änderungen notwendig, vom Mobilitäts- und Freizeitverhalten bis hin zu neuen Formen des Wohnens und Arbeitens. Diese Mammutaufgabe lässt sich nur gemeinsam mit der Bevölkerung, den Gemeinden und Regionen Österreichs stemmen. Umweltförderungen und Beratungsprogramme, zum Beispiel durch ExpertInnen von klimaaktiv oder dem Umweltbundesamt, helfen Konzepte für die lokale Energiewende zu entwickeln. Diese Konzepte können von Vorarlberg bis ins Burgenland sehr unterschiedlich ausfallen. Um die post-fossile Zukunft einzuleiten und die besten Technologien für den jeweiligen Standort zu finden, sind innovative Tools aus allen Politikbereichen und bottom-up Methoden gefragt.
Hier setzt die Energieraumplanung an. Sie verbindet Gemeinde- und Regionalentwicklung mit Energieplanung, um eine stabile, effiziente und ökologische Energieversorgung zu schaffen oder zu sichern. Ziel sind funktionsgemischte, maßvoll verdichtete, kompakte Ortschaften, Städte und Regionen, die energieeffiziente Lebensstile und Wirtschaftsweisen ermöglichen und besonders günstig mit erneuerbaren Energieträgern versorgt werden können.
Kurze Wege für Mensch und Energie
Wie hoch ist der Energieverbrauch im Gewerbegebiet einer Gemeinde? Wer sind die größten Verbraucher? Wo gibt es Einsparungspotenzial? Welche regionalen Potenziale an erneuerbaren Energieträgern sind vorhanden? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, werden in der Energieraumplanung Daten von der Flächenwidmung, über den Gebäudebestand und die derzeitige Energieversorgung bis zur Luftqualität erhoben und analysiert. Auf dieser Basis wird der Energiebedarf berechnet, Szenarien werden erstellt und Folgen von Planungsentscheidungen aufgezeigt. Dadurch werden komplexe Sachverhalte prüfbar und bewertbar und können für Entscheidungsprozesse aufbereitet werden. ExpertInnen-Einrichtungen wie das Umweltbundesamt unterstützen dabei, im Dialog mit Stakeholdern Möglichkeiten für umweltfreundliche Energiegewinnung, -speicherung und -verteilung auszuloten.
Welche Energiequellen sich für die Region am besten eignen, hängt auch von der vorhandenen Infrastruktur, wie dem örtlichen Fernwärmenetz, und von der Wirtschaftsentwicklung ab. Auch räumliche Bedingungen, wie Sonnenstunden oder Eignungszonen für Windkraft, sind entscheidend.
Dialog als Einstieg zum Umstieg
Zentrales Element der Energieraumplanung ist der Dialog. Nicht der Gemeinderat oder das regionale Management allein entscheidet, wie die vorhandenen Ressourcen für die Energiegewinnung am besten eingesetzt werden, sondern alle Beteiligten verständigen sich darauf.
Mit Hilfe der Energieraumplanung lässt sich die Energiezukunft wissensbasiert gestalten und auf eine breite Basis stellen. Schließlich braucht es für eine postfossile Zukunft alle zur Verfügung stehenden Tools und Technologien. Die Energieraumplanung hilft, sie richtig einzusetzen und gemeinsam mit den Menschen zu entwickeln, die sie anwenden werden.
Die Vorreiter: Klima- und Energiemodellregionen, LEADER
Keine Abhängigkeit von teuren Erdölimporten, keine Angst vor Gaskrisen – dafür saubere Energie aus Sonne, Wind, Wasser und Bioenergie aus der Region. Das ist das Ziel der österreichischen Klima- und Energiemodellregionen, die sich schon heute intensiv mit dem Umbau der Energieversorgung beschäftigen. Wer ihrem Vorbild folgen will, kann noch bis 26.2.2021 Investitionsprojekte einreichen. Auch die österreichischen LEADER-Regionen haben gemeinsam mit den Gemeinden, der lokalen Wirtschaft und der örtlichen Bevölkerung Lokale Entwicklungsstrategien erarbeitet. Sie zielen darauf ab, Gemeinden lebenswerter zu gestalten, als Standort attraktiver zu machen und mehr regionale Wertschöpfung zu schaffen. Fast alle LEADER-Regionen beschäftigen sich dabei auch mit Wegen in eine nachhaltige Energiezukunft, wie eine Analyse des Umweltbundesamts zeigt. Anregungen für Projekte und vielfältige Best Practice Beispiele finden Gemeinden beim Netzwerk Zukunftsraum Land.