Bienen, Füchse, Eulen & Co: Schadstoffe setzen Wildtieren zu
Die Biodiversität ist stark unter Druck, der Rückgang von Tier- und Pflanzenarten weltweit und auch in Österreich dramatisch. Eine intensive Land- und Gewässernutzung, eine nicht nachhaltige Ressourcenentnahme, der Klimawandel oder der Anstieg invasiver Arten sind einige der Faktoren, die dazu beitragen. Auch der Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt belastet die biologische Vielfalt. Dieser Wechselwirkung widmete sich das Fachgespräch „Biota – zwischen Umweltauswirkungen und Biodiversität“ am 14. März in Wien. Die Veranstaltung wurde von Umweltbundesamt und Klimaschutzministerium organisiert.
„Die Biodiversität ist unsere Lebensversicherung und es ist wichtig, dass wir sie erhalten. Eine biodiverse Natur ermöglicht, dass die Umwelt resilienter gegenüber menschlichen Einflüssen, Schadorganismen und Naturkatastrophen wird“
Das Umweltbundesamt widmet sich in zahlreichen Projekten der Schadstoffbelastung in einer Vielzahl von Biota – von Insekten, über Fische bis hin zu Säugetieren – und ist dabei mit neuen Methoden neuen Substanzen analytisch auf der Spur.
Bienen, Fische, Füchse mit langlebigen Schadstoffen belastet
Michael Gierig vom Bayerischen Landesamt für Umwelt stellte das Projekt „PureAlps“ vor. In Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt wurde zwischen 2016 und 2020 der Schadstoffbelastung von Biota im bayerisch-österreichischen Alpengebiet nachgegangen. Gemessen wurden Quecksilber und sogenannte POPs, langlebige, organische Schadstoffe mit toxischer Wirkung, die sich in Organismen über die Nahrungskette anreichern. Dazu zählen Subtanzen wie Dioxine, Furane, Flammschutzmittel und perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS). Sie wurden in Bienen, Hummeln, Fischen, Gämsen und Füchsen nachgewiesen. Fische und Wasservögel (Haubentauchern) waren deutlich höher belastet. Die Untersuchung von Schadstoffen soll im Rahmen des Projektes „PureAlps Monitoring“ ab 2024 fortgesetzt werden, kündigte Gierig an.
Veronika Hierlmeier-Hackl, ebenfalls vom Bayerischen Landesamt für Umwelt, untersuchte in einem weiteren Projekt mit dem Umweltbundesamt, „ProtectAlps“, inwieweit chemische Stressoren die Insekten im Alpenraum beeinträchtigen. Insbesondere ging sie der Belastung mit POPs und Stickstoff nach. Das Ergebnis: Über 40 verschiedene Stoffe wurden an den Forschungsstandorten Zugspitze und Sonnblick in den Tieren nachgewiesen. Darüber hinaus spiegelt sich die Düngung von Pflanzen im Tal auch in höher gelegenen Alpenstandorten und zeigt Rückwirkungen auf Insekten. In mehr als 150 Pflanzenarten wurden Stickstoff-Einträge gefunden.
Karin Deutsch vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) stellte ausgewählte Ergebnisse des Trendmonitorings von Biota und Sediment in Oberflächengewässern vor. Es wird alle drei Jahre durchgeführt und basiert auf den Anforderungen der Wasserrahmen- und der Umweltqualitätsnormen-Richtlinie bzw. auf nationalen Verordnungen. Bei Untersuchungen im Jahr 2019 stachen die hohen Konzentrationen von PBDEs (einer Wirkstoffgruppe, die in Flammschutzmitteln verwendet wird), Quecksilber und PFOS, einer Substanz der Gruppe von perfluorierten Alkylsubstanzen, hervor. Weitere Ergebnisse liefert der Wassergüte Jahresbericht 2018-2020 des BML.
Rattengift in Vögel, Füchsen, Fischen
Rodentizide sind biozide Wirkstoffe aus der Gruppe der Blutgerinnungshemmer, die zur Bekämpfung von Ratten und Mäusen eingesetzt werden. Sie sind sehr giftig, langlebig und reichern sich in der Nahrungskette an. Das kann anderen Tieren zum Verhängnis werden. Monitoringdaten von Umwelt und Wildtieren fehlen bislang. Philipp Steinbichl vom Umweltbundesamt stellte eine Studie vor, bei der erstmals eine weite Verbreitung dieser Stoffe in Nichtzielarten wie Füchsen und Eulen in Österreich gezeigt wurde. Der Nachweis in Fischen belegt einen Eintrag dieser Substanzen auch in aquatischen Ökosysteme. Zur Charakterisierung und Abschätzung der Belastung wären weiterführende Untersuchungen in Fischen und anderen aquatischen Arten zielführend, betont Steinbichl.
Zukunftsweisende Methoden: Non-Target Analytik und eDNA
Der Einfluss von Schadstoffen auf die biologische Vielfalt ist analytisch nachweisbar. Romana Hornek-Gausterer stellte zwei zukunftsweisende, im Umweltbundesamt etablierte Methoden vor: Mit der Non-Target Analytik können bekannte, aber auch unbekannte Schadstoffe in komplexen Umweltmedien entdeckt werden. Sie ist besonders geeignet, um neu auftretende Schadstoffe und Abbauprodukte zu identifizieren, die möglicherweise noch nicht auf dem Radar der Behörden stehen. Die zweite Methode, die Analyse der Umwelt-DNA (eDNA) ist ebenfalls eine relativ neue Technik und dient dem Nachweis von Arten in der Umwelt. Dabei kann die DNA von Organismen aus Wasser, Boden oder Luft gewonnen werden. Sehr geringe Mengen an DNA reichen bereits zum Nachweis aus. Die Kombination beider Analyseverfahren kann einen wertvollen Beitrag für eine umfassende Umweltüberwachung und -bewertung liefern.
Biodiversität in Österreich: Daten, Trends und Monitoring
Die Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+ hat das Ziel, die biologische Vielfalt zu erhalten und klimabedingte Veränderungen bestmöglich auszugleichen. Biodiversitätsdaten und Biodiversitäts-Monitoring sind notwendig, um das Erreichen der gesteckten Ziele zu messen. Stefan Schindler vom Umweltbundesamt stellte das von der Expert:innen-Organisation koordinierte Biodiversitätsdatenportal GBIF-Austria sowie die bundesweiten Biodiversitätsmonitoring-Programme FFH-Monitoring (Artikel 11) und ÖBM-Kulturlandschaft vor. Aus seiner Sicht findet derzeit eine Verbesserung der wissenschaftlichen Grundlagen statt. Es bedarf aber noch wesentlicher Anstrengungen aller relevanten Akteur:innen, um zu einem gesamtheitlichen, bundesweiten, systematischen und langfristigen Biodiversitäts-Monitoring zu kommen.