Vorläufige Feinstaubbilanz 2019
Die vorläufige Feinstaubbilanz des Umweltbundesamtes für das Jahr 2019 zeigt die bislang niedrigste PM10-Belastung seit Beginn der Messungen im Jahr 2000.
Tagesmittelwerte über 50 µg/m³ wurden im Jahr 2019 an maximal 16 Tagen an zwei Messstellen (Graz Don Bosco und Graz Süd) registriert. In den zehn Jahren davor lag die Anzahl der Tage mit Mittelwerten über 50 µg/m³ an der höchst belasteten Messstelle zwischen 37 und 71 Tagen. Damit wurde 2019 erstmals weder das Grenzwertkriterium nach IG-L (Immissionsschutzgesetz-Luft; mehr als 25 Tagesmittelwerte über 50 µg/m³ pro Kalenderjahr) noch das Grenzwertkriterium der EU-Luftqualitätsrichtlinie (mehr als 35 Tagesmittelwerte über 50 µg/m³ pro Kalenderjahr) für PM10 überschritten.
Auch die Jahresmittelwerte für Feinstaub (PM10 und PM2,5) lagen deutlich unter dem Niveau der vergangenen Jahre. An den meisten Messstellen wurde der niedrigste Jahresmittelwert seit Beginn der Messreihe registriert.
Als wesentlicher Faktor für die niedrige PM10-Belastung des Jahres 2019 lässt sich die sehr warme Witterung identifizieren. 2019 war nach 2018 und 2014 das drittwärmste Jahr seit Beginn der Temperaturmessungen in Österreich. Im gesamten außeralpinen Raum sowie im Klagenfurter Becken lag die Jahresmitteltemperatur um mehr als 2,5 °C über dem langjährigen Mittelwert (Klimaperiode 1981-2010); im Gebirge war die Temperaturabweichung etwas geringer. Alle Monate – außer dem sehr kühlen und sehr regenreichen Mai – wiesen überdurchschnittliche Temperaturen auf. Die deutlich überdurchschnittlichen Wintertemperaturen hatten einerseits einen geringeren Heizenergiebedarf zur Folge und damit niedrigere Emissionen aus Raumheizung, andererseits waren auch die Bedingungen für die Ausbreitung der Schadstoffe günstiger.
In den Wintermonaten 2019 traten zudem nahezu keine Hochdruckwetterlagen mit Zufluss kontinentaler Kaltluft auf – diese Wetterlagen sind in Österreich für tiefe Temperaturen und ungünstige Ausbreitungsbedingungen (Inversionen) verantwortlich.
Abgesehen von den meteorologischen Bedingungen war die PM10-Belastung im Jahr 2019 kaum von grenzüberschreitendem Schadstofftransport beeinflusst. 2019 gab es keine Tage mit Ferntransport hoch belasteter Luftmassen von Nordosten (Polen) und nur wenige Tage mit Ferntransport von Osten und Südosten. Die Hintergrundmessstelle Illmitz am Neusiedler See registrierte fünf Tage über 50 µg/m³, an der Hintergrundmessstelle Klöch in der Südoststeiermark trat kein einziger PM10-Tagesmittelwert über 50 µg/m³ auf.
Rückblick
Zuletzt wurden in den Jahren 2010 und 2011 großflächig Überschreitungen des IG-L-Grenzwertkriteriums an 74 bzw. 80 (von insgesamt ca. 130) PM10-Messstellen registriert. Bis 2013 nahm die Anzahl der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Messstellen auf 16 ab, in den Jahren 2014 bis 2018 registrierten jeweils zwei bis sechs Messstellen Grenzwertüberschreitungen gemäß IG-L.
Die wesentlichen Faktoren für den Rückgang der Belastung nach 2011 sind einerseits günstigere meteorologische Ausbreitungsbedingungen – deutlich mildere Winter mit kürzeren Perioden, die von tiefen Temperaturen und ungünstigen Verhältnissen geprägt sind – zum anderen ein Rückgang der Emissionen von PM10 und Vorläufersubstanzen sekundärer Partikel sowohl in Österreich als auch in den östlichen und nordöstlichen Nachbarstaaten Österreichs, d.h. deutlich verminderte Beiträge von grenzüberschreitendem Transport.
Vorläufige Daten
Die vorläufige Feinstaubbilanz 2019 beruht auf vorläufigen Daten aus den Luftgütemessungen der Ämter der Landesregierungen und des Umweltbundesamtes im Auftrag des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus. Die Qualitätssicherung der Daten wird im zweiten Quartal 2019 abgeschlossen. Grenzwerte für Feinstaub, sowie Vorgaben für die Messung und Berichterstattung sind im Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) festgelegt. Im Fall von Grenzwertüberschreitungen sind entsprechende Maßnahmen zur Minderung der Belastung durch die Landeshauptleute umzusetzen.
WHO-Richtwert für Feinstaubbelastung
Der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Richtwert für PM10 (maximal drei Tagesmittelwerte über 50 µg/m³) wurde in Österreich im Jahr 2019 entsprechenden den vorläufigen Daten an ca. 25 % aller Messstellen überschritten. Der WHO-Richtwert für den Jahresmittelwert für PM10 von 20 µg/m³ wurde an etwa 10 % der Messstellen überschritten.
Die WHO-Richtwerte für den Jahresmittelwert von PM2,5 (10 µg/m³) und für den Tagesmittelwert (maximal drei Tagesmittelwerte über 25 µg/m³) wurden jeweils an ca. 80 % der PM2,5-Messstellen überschritten.
Der Indikator für die durchschnittliche Exposition (Average Exposure Indicator, AEI: Mittelwert über die PM2,5-Jahresmittelwerte der großstädtischen Hintergrundmessstellen Wien AKH, Graz Nord, Linz Stadtpark, Salzburg Lehener Park und Innsbruck Zentrum über die Jahre 2017 – 2019) ergibt vorläufig einen Wert von 12,6 µg/m³ und liegt damit deutlich unter dem Reduktionsziel für die Jahre 2018 – 2020 von 15,1 µg/m³.
Verursacher der Feinstaubbelastung
Die Belastung der Luft mit Feinstaub ist auf direkte Emissionen und auf die Bildung sogenannter sekundärer Partikel zurückzuführen. Der Großteil der österreichischen PM10-Emissionen wird von den Sektoren Kleinverbrauch (26 %), Bergbau und Steinbrüche (18 %), Verkehr (16 %), Industrie (16 %) und Landwirtschaft (15 %) verursacht (Daten für das Jahr 2017). Im Kleinverbrauch entsteht Feinstaub bei Verbrennungsprozessen u.a. in manuell bedienten Öfen oder Heizungen für feste Brennstoffe; in der Industrie bei Verbrennungs- und Verarbeitungsprozessen. Im Verkehrssektor gelangt Feinstaub durch die Verbrennung von Kraftstoffen in die Luft, aber auch durch Brems- und Reifenabrieb und Aufwirbelung von Straßenstaub. In der Landwirtschaft tragen die Bearbeitung landwirtschaftlicher Flächen und die Tierhaltung zur Staubbelastung bei.
Vor allem im Osten Österreichs stellen sekundäre Partikel, die aus gasförmigen Vorläufersubstanzen (Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und Ammoniak) gebildet werden, einen nennenswerten Teil der Feinstaub-Belastung dar. Die Hauptquellen der Vorläufersubstanzen sind im Fall von Schwefeldioxid Kraftwerke und Industrieanlagen (v.a. in Ostmitteleuropa), für Stickstoffoxide der regionale Straßenverkehr und für Ammoniak die regionale Landwirtschaft.