UVP-Verfahren Betriebsverlängerung KKW Borssele Phase 1

Das niederländische (NL) Umweltministerium hat der Republik Österreich gemäß Artikel 3 des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo Konvention) und Art. 7 UVP-RL den UVP Bericht zur Änderung des NL Kernenergiegesetzes in Englisch und eine deutsche Zusammenfassung dazu übermittelt.

Für die Änderung des Kernenergiegesetzes, mit der die Verlängerung der Betriebsdauer der Kernkraftanlage Borssele in den Niederlanden erreicht werden soll, wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach niederländischem Recht durchgeführt. Derzeit befindet sich das UVP-Verfahren in der ersten Phase (Änderung des Kernenergiegesetzes). Die zuständige Behörde (gem. Art 1 Espoo Konvention) ist das niederländische Ministerium für Infrastruktur und Wassermanagement. Das niederländische Ministerium für Wirtschaft und Klimapolitik ist Initiator des Verfahrens. Betreiber des KKW Borssele ist N.V. Elektriciteits Productiemaatschappij Zuid-Nederland (EPZ).

Die Unterlagen lagen vom 2. September bis 11.Oktober 2024 bei den Ämtern der Landesregierungen auf.

Zu den Unterlagen konnte jede Person während der Auflagefrist schriftliche Stellungnahmen an die jeweilige Landesregierung richten. Diese wurden an die Niederlande weitergeleitet. Ziel der österreichischen Beteiligung am UVP-Verfahren ist es, mögliche signifikante nachteilige Auswirkungen des Projekts auf Österreich zu minimieren oder zu verhindern. Seitens des Umweltbundesamtes wird eine Fachstellungnahme im Auftrag des BMK erstellt werden.

Im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wurde vom Umweltbundesamt die Erstellung einer Fachstellungnahme koordiniert.

 

Fachstellungnahme Oktober 2024

Die Fachstellungnahme kommt zu folgenden Schlussfolgerungen:

  • Im aktuellen Verfahren wird der Umfang der Umweltauswirkungen festgestellt, die im Detail in einer zweiten UVP-Phase diskutiert werden. Die Dauer der geplanten Lebensdauerverlängerung wurde nicht angegeben, weshalb einige Umweltauswirkungen nicht ausreichend bewertet werden. Dazu zählen etwa die Menge an anfallendem radioaktivem Abfall und die Folgen eines möglichen Parallelbetriebs mit dem geplanten neuen KKW.

  • Der Nachweis über die Aussage, wonach Kernenergie nicht teurer sei als erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie, ist zu erbringen. Ebenso sollten Studien vorgelegt zum Vergleich der Kosten der Laufzeitverlängerung mit Erneuerbaren.

  • Abgebrannter Brennelemente und radioaktive Abfälle können negative Umweltauswirkungen haben. Daher muss eine UVP für eine Lebensdauer-verlängerung die Entsorgung der Abfälle prüfen. Doch die vorliegenden UVP-Unterlagen enthalten keinen ausreichenden Nachweis für einen sicheren Umgang mit den abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen.

  • Ein Endlager für alle radioaktiven Abfälle (LILW und HLW) soll 2130 betriebsbereit sein. In der Zwischenzeit werden sowohl hochaktiver als auch mittel– und niedrigaktiver Abfall in den Langzeit-Zwischenlagern verbleiben. Im Vergleich zur Praxis in anderen EU-Ländern handelt es sich um einen sehr langen Zeitraum, wie auch von der Europäischen Kommission in ihrem Bericht zur Umsetzung der Richtlinie 2011/70/Euratom kritisiert wurde.

  • Das KKW Borssele ist eines der ältesten in Betrieb befindlichen KKW weltweit. Das Alterungsmanagementprogramm des KKW Borssele weist Schwächen auf, wie die Resultate der jüngsten IAEO OSART Mission aufzeigten. Die Ergebnisse der OSART Mission stehen im Widerspruch zu den Aussagen im EIA REPORT (2024), wonach das Alterungsmanagement sowohl die physische Alterung als auch die technologische (Obsoleszenz) wirksam verhindern würde.

  • Die Ergebnisse der vierten PSÜ (2013–2022) werden im UVP-Bericht (EIA REPORT 2024) nicht erwähnt, ebenso unerwähnt bleibt, ob die Behebung der festgestellten Schwachpunkte eine Voraussetzung für die Genehmigung der anstehenden Lebensdauerverlängerung ist.

  • In den zur Verfügung gestellten UVP-Dokumenten finden sich Angaben zu den Auslegungsstörfällen, den Design Basis Accidents (DBA). Zu den Beyond Design Basis Accidents (BDBA), den Auslegungsstörfall überschreitenden Unfällen, findet sich allerdings sehr wenig, wie auch Unfallszenarien oder mögliche Quell-terme fehlen. 

  • Weder Szenarien für schwere Unfälle noch möglichen Quellterme werden in den UVP-Dokumenten angeführt, signifikant negative Auswirkungen für Österreich wurden gänzlich ausgeschlossen. Diese Behauptung kann allerdings nicht verifiziert werden.

     

    Fachstellungnahme Oktober 2024

Verfahrensrelevante Dokumente 

EIA Report - EIA on amendments to the Nuclear Energy Act 

UVP Bericht Zusammenfassung auf Deutsch – UVP zur Änderung des Niederländischen Kernenergiegesetzes 

Amendment in the Dutch Nuclear Energy Act

Attachment 1 of EIA Report - Concept Memorie van Toelichting art 15a Kew