Corona-Krise und die Umwelt
Weniger Verkehr auf den Straßen, die Industrieproduktion teilweise heruntergefahren, Geschäfte zu, Büros verwaist – was macht die Corona-Krise mit der Umwelt? Das Umweltbundesamt hat Antworten auf diese Fragen zusammengestellt.
Im Moment lässt es sich noch nicht genau sagen, welchen Einfluss die Corona-Krise auf die Umwelt haben wird. Eine Emissionsreduktion etwa durch weniger Verkehr und weniger Industrieprozesse wirkt sich grundsätzlich positiv auf die Luftqualität, die Lärmsituation und auf die Menge der Treibhausgase aus. Wie groß dieser Einfluss ist, lässt sich erst seriös abschätzen, wenn qualitätsgesicherte Daten zur Berechnung vorliegen.
Ob die Corona-Krise auch langfristig positive Effekte auf die Umwelt haben wird, hängt von den Lösungsstrategien und Zukunftsperspektiven ab, die parallel zum akuten Krisenmanagement entwickelt und diskutiert werden. Das Gute daran: Viele nachhaltige und innovative Konzepte liegen vor und einiges, was bis vor kurzem noch schwer denk- und umsetzbar schien, ist zur maßgeblichen Leitlinie oder zum essentiellen Handlungsinstrument in der Krise geworden. Für die Digitalisierung z. B. hat dies deutliche Schritte nach vorne bewirkt. Die Krise eröffnet auch neue Erlebnisräume. Es werden Lebensstile denkbarer, die Nachhaltigkeit unterstützen, in der Mobilität, dem Konsum, der Ernährung, und im Umgang mit Natur. Chancen für die Zukunft ergeben sich daraus, wenn nachfolgende Konjunkturprogramme auf die Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft und Eindämmung des Klimawandels ausgerichtet werden.
Auswirkungen auf die Luftqualität
Am unmittelbarsten zeigen sich Effekte in der Luftqualität. An verkehrsnahen Standorten und auch in Städten zeigen die Messungen in Österreich für Stickstoffoxide bereits deutliche Rückgänge.
Die Belastung mit Stickoxiden resultiert weitestgehend aus dem Verkehr. Nicht ganz so einfach ist es beim Feinstaub. Feinstaub hat viele unterschiedliche Quellen, wie Hausbrand, Verkehr, Industrie aber auch Landwirtschaft und wird zudem weiträumig verfrachtet (z. B. Wüstensand). Dazu kommt, dass sich Feinstaub auch aus ganz anderen Schadstoffen, sogenannten Vorläufersubstanzen, bilden kann.
Ein entscheidender Einflussfaktor für die Luftqualität sind auch die Wetterbedingungen. Im ungünstigsten Fall bedeutet das, dass zwar weniger Emissionen ausgestoßen werden, aber die Schadstoffe sich nicht ausbreiten können und die Konzentrationen trotzdem hoch sind.
Fazit: Erste Analysen zeigen bereits Verbesserungen der Luftqualität, genaue Auswertungen können erst nach einem längeren Zeitraum gemacht werden. Langfristige Änderungen insbesondere von Mobilitätsstrukturen oder im Mobilitätsverhalten (mehr Fuß-, Radverkehr oder Home-Office) können auch zukünftig einen wichtigen Beitrag zu einer besseren Luftqualität liefern. Dafür braucht es geeignete Rahmenbedingungen wie z. B den Ausbau der Rad- und Fusswegeinfrastruktur oder auch der digitalen Infrastruktur. Generell ist eine langfristig hohe Luftqualität auch ein Beitrag für die Gesundheit der Bevölkerung.
Auswirkungen auf die Treibhausgas-Emissionen
Die Corona-Krise wirkt unmittelbar auf den Energieverbrauch, vor allem in der Mobilität. Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit, das Arbeiten im Home Office, geschlossene Geschäfte, Hotels, Betriebe etc. ändern das Mobilitätsverhalten.
Der Flugverkehr ist deutlich reduziert, der Fahrplan für Bus- und Zugverbindungen (also öffentlicher Verkehr) wurde eingeschränkt und weniger Autos sind auf den Straßen unterwegs. Das wird zu kurzfristigen Emissionsreduktionen führen. Auch durch die teilweise eingeschränkte industrielle Produktion wird es zu einem Rückgang der Treibhausgas-Emissionen kommen. Ein entscheidender Faktor wird sein, wie lange die Krise und Einschränkungen dauern und ob und wie lange Produktionsprozesse teilweise oder gänzlich zurückgefahren werden. Langfristige Effekte sind ohne maßgebliche strukturelle Änderungen in der Mobilität, in der Produktion oder im Konsum nicht zu erwarten.
Fazit: Weniger Verkehr und weniger industrielle Produktion werden zu weniger Treibhausgas-Emissionen führen. Wie groß der Effekt tatsächlich sein wird, kann erst bewertet werden, wenn genaue Daten über Kraftstoffverkauf, Fahrleistung und Energieverbrauch vorliegen. Krisen in der Vergangenheit (etwa die Wirtschaftskrise 2008/09) haben gezeigt, dass nach der Krise relativ rasch wieder ähnlich hohe Treibhausgas-Emissionen erreicht wurden. Langfristig werden die Treibhausgas-Emissionen dann zurückgehen, wenn nachfolgende europäische und nationale Konjunkturprogramme auf die Eindämmung des Klimawandels ausgerichtet werden und auch bereits vorgesehene Ausgaben und geplante Klimaschutzmaßnahmen (Klimaschutz- und Steuerreformpaket) einbezogen werden. Investitionen in erneuerbare Energien, thermische Sanierung, nachhaltige Digitalisierung oder klimaverträglichen Verkehr schaffen zugleich Arbeitsplätze und positive konjunkturbelebende Effekte für die österreichische Volkswirtschaft.
Auswirkungen auf die Biologische Vielfalt
Prozesse in der Natur laufen in der Regel langsam ab, das bedeutet unmittelbare Auswirkungen auf die Biologische Vielfalt sind durch die im Moment geltenden Maßnahmen nicht zu erwarten. Wildtierbeobachtungen in der Stadt sind bekannte Phänomene.
WissenschafterInnen des UN-Umweltprogramms weisen darauf hin, dass Krankheiten von Pflanzen, Tieren und Menschen in gestörten Ökosystemen leichter entstehen und verbreitet werden als in stabilen und vielfältigen Ökosystemen. Auch wenn Entstehung und Übertragung der Corona Viren auf den Menschen noch nicht abschließend geklärt sind, Maßnahmen zum Natur- und Artenschutz sind ein wichtiger Baustein für die Vorsorge zum Schutz der menschlichen Gesundheit.
Fazit: Die Corona-Krise wird die Biologische Vielfalt und Natur nicht unmittelbar verändern, ist aber eine Chance, den Blick auf die Natur zu verändern und damit langfristig Schutz und Wiederherstellung der Biologischen Vielfalt zu verbessern. Gesellschaftlich gesehen gewinnen Regionalität und Naherholung derzeit an Wert, langfristige Veränderungen im Ernährungs-, Konsum- und Freizeitverhalten können den Umgang mit der Natur positiv beeinflussen.
Auswirkungen auf das Abfallaufkommen
Die Corona-Krise beeinflusst auch das Abfallaufkommen. Während das Abfallaufkommen aus Industrie, Produktion und Tourismus zurückgeht, ist das Abfallaufkommen aus Haushalten in Zeiten von Homeoffice und geschlossener Restaurants merklich angestiegen.
Von Entrümpelungsaktionen wird u.a. wegen eingeschränkter Öffnungszeiten der Altstoffzentren abgeraten. Auf eine ordnungsgemäße Entsorgung des Abfalls ist zu achten, Ablagerungen in der Umwelt sind verboten. Die Abholung von Restmüll und die getrennte Sammlung von Altstoffen wird wie gewohnt durchgeführt. Die Absage zahlreicher Flurreinigungsaktionen im Frühjahr 2020 bedeutet, dass mehr Littering-Abfälle - also unachtsam weggeworfene oder unabsichtlich in der Natur gelandete Abfälle - in der Natur verbleiben.
Fazit: Wie sich das Abfallaufkommen entwickelt, kann erst zu einem späteren Zeitpunkt mit den genauen Daten bewertet werden. Abfallvermeidung, ordnungsgemäße Entsorgung und getrennte Sammlung sind auch in Krisenzeiten zentral, um Ressourcen und Umwelt zu schonen und Rohstoffe für die Produktion nach der Krise sicherzustellen. Die Corona-Krise zeigt, dass sich Lebensweisen auch in einem weitgehend stabilen Umfeld sehr rasch ändern können. Die Erfahrungen können genutzt werden, um zukünftig die Rahmenbedingungen für nachhaltigen Konsum (längere Nutzungsdauer von nachhaltigen Produkten) und kreislauforientierte Produktion und Infrastruktur („Design for Re-Use, Design for Recycling) im Sinne einer Kreislaufwirtschaft zu verbessern.