Working Party on Nuclear Safety (WPNS)
Österreich machte im Rahmen der Beitrittsverhandlungen nukleare Sicherheit zu einem vorrangigen Thema. Die maßgeblichen Positionen der Europäischen Union wurden bereits unter der österreichischen Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 1998 entwickelt und verabschiedet.
Der Europäische Rat von Helsinki hat in diesem Sinne „erneut auf die Bedeutung hoher Sicherheitsstandards im Nuklearbereich im Mittel- und Osteuropa“ hingewiesen und den Rat aufgefordert „zu prüfen, wie die Frage der nuklearen Sicherheit im Rahmen des Erweiterungsprozesses im Einklang mit den einschlägigen Schlussfolgerungen des Rates behandelt werden kann.“
Gemäß dieser Aufforderung des Rates wurde zunächst von der Ratsarbeitsgruppe Atomfragen eine „Methodik“ (RD 13789/00 vom 24. November 2000) und anschließend ein “Bericht über nukleare Sicherheit im Kontext der Erweiterung” (RD 9181/01 + ADD 1 & COR 1 vom 27. Mai und 5. Juni 2001) erarbeitet. Letzteres erfolgte gemeinsam mit der ad-hoc Arbeitsgruppe zu nuklearer Sicherheit (AQG/WPNS), die Anfang des Jahres 2001 ihre Arbeit aufnahm.
Österreich hat sich an den Arbeiten dieser Gruppe sehr intensiv beteiligt und seine Standpunkte in den Diskussionsprozess mit aller Konsequenz eingebracht. Ein Großteil der österreichischen Sorgen und Anliegen fand – nicht zuletzt durch die umsichtige schwedische Präsidentschaft – Eingang in den Bericht.
Wichtige Punkte des Berichts:
- Allgemeine und länderspezifische Empfehlungen an die betroffenen Beitrittskandidaten
Evaluierung sowohl der Kernkraftwerke als auch der anderen Nuklearanlagen (Forschungsreaktoren, Brennstoffzyklus, Behandlung radioaktiver Abfälle)
Verankerung der Möglichkeit zur Behandlung dieser und anderer Punkte im Rahmen anderer Foren
Follow-up- und Evaluierungsmechanismus im Rahmen des Erweiterungsprozesses
Der Bericht enthält drei „allgemeine Empfehlungen“, wobei für wesentliche österreichische Anliegen im Zusammenhang mit dem KKW Temelín besonders die zweite von Bedeutung ist, die sich u.a. auf „alle relevanten internen und externen Gefahren (z.B. Erdbeben)“ und die Analyse schwerer Unfälle unter Einbeziehung „aller Stufen des Sicherheitseinschlusses“ bezieht (darin sind sowohl der Reaktordruckbehälter als auch das Containment enthalten).
Die ebenfalls in diesem Bericht enthaltenen länderspezifischen Empfehlungen sind ausdrücklich im Zusammenhang mit den allgemeinen Empfehlungen zu lesen.
Die länderspezifischen Empfehlungen für Bulgarien, Litauen und die Slowakische Republik nehmen auch auf die jeweiligen Schließungsverpflichtungen Bezug bzw. bringen die diesbezüglichen Erwartungen der EU zum Ausdruck.
Der AStV hatte die Gruppe Erweiterung aufgefordert, „diesen Empfehlungen bei den Beitrittsverhandlungen Rechnung zu tragen“ (6. Juni 2001) sowie ab Beginn des Jahres 2002 ein Monitoring in Form eines Peer Review Prozesses unter der Koordination der Gruppe Atomfragen (AQG) durchzuführen (11. Juli 2001).
Am 24. Juli 2001 wurden von der EK länderspezifische Auszüge aus o.e. Bericht mit der Aufforderung an die Beitrittskandidaten übermittelt, sich bis spätestens Ende Oktober 2001 zur Umsetzung der „Empfehlungen“ zu verpflichten und einen diesbezüglichen Zeitplan vorzulegen.
Alle Beitrittskandidaten haben dazu Informationen übergeben.
Gemäß den Vorstellungen der spanischen Präsidentschaft sollte zumindest ein Zwischenergebnis o.e. Peer Review rechtzeitig vor dem Europäischen Rat von Sevilla (21./22. Juni 2002) von der AQG im Wege des AStV an den Rat Allgemeine Angelegenheiten vorgelegt werden. Um diesen - nicht zuletzt angesichts der Vielzahl insgesamt zu bewertender Anlagen - sehr knappen Zeitplan einzuhalten, hat die WPNS (Working Party on Nuclear Safety, eine Sonderformation der AQG) zunächst eine Vollständigkeitsprüfung der seitens der Beitrittskandidaten eingelangten Antworten vorgenommen. Auf Basis dieser Vollständigkeitsprüfung wurden „Nachforderungen“ an die Beitrittskandidaten formuliert. Die WPNS hat aus Sicht der Präsidentschaft ihre Evaluierung der bereits vorliegenden Informationen vorläufig abgeschlossen. Da einzelne wichtige Anliegen Österreichs bislang keine ausreichende Berücksichtigung fanden, konnte Österreich den aktuellen Präsidentschaftsentwurf des Überprüfungsberichtes nicht mittragen.
Folglich enthält der Text gegenwärtig eine Reihe von Fußnoten mit „dissenting opinions“ Österreichs, über deren weitere Behandlung bzw. Berücksichtigung zur Zeit noch bilaterale Kontakte mit einzelnen Mitgliedsstaaten im Gange sind. Österreich zählt neben den „großen Nuklearstaaten“ zu den aktiven Mitgliedsstaaten in diesem Prozess. Trotz intensivster österreichischer Bemühungen waren andere „atomfreie“ Mitgliedsstaaten bislang nicht zu einer in gleicher Weise aktiven Mitarbeit zu bewegen.
Alle entsprechenden Berichte liegen nur in englischer Sprache vor.