Im Interview: Thomas Drnek von RHI Magnesita
"Mit Digitalisierung Lagerstätten und die feuerfeste Zustellung besser nutzen."
Wo leistet die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz in Ihrem Unternehmen?
Drnek: In unserem Unternehmen werden sehr viele Daten digital erfasst, gesammelt und ausgewertet. In Bezug auf Umweltschutz werden beispielsweise die CO2-Emissionen gemäß den Berichtspflichten weltweit überwacht und optimiert. Hier haben wir eine digitale Plattform, die die Daten entsprechend zusammenstellt. Bei den Prozessen läuft bereits sehr viel digital. Angefangen beim Bergbau, wo wir bereits vor dem Abbau wissen, wie der Rohstoff in der Erdkruste aussieht, über die Brenn- und Ofenbetriebe, wo die Energieeinsätze digital erfasst und gesteuert werden, bis hin zur Beprobung, wo sämtliche Ergebnisse der Röntgenfluoreszenzanalytik und Prüfwerte der Fertigprodukte in ein Datenpool eingespielt werden.
Inwiefern kann Ihnen die Digitalisierung bei der effizienten Nutzung von Rohstoffen helfen?
Drnek: Wenn wir eine Magnesitlagerstätte finden, erkunden wir diese zunächst, indem wir Kernbohrungen durchführen, vom Material Aufschlüsse machen und Proben chemisch analysieren. Aus den verorteten Einzelwerten können wir dann ein Lagerstättenmodell errechnen. Da wissen wir dann relativ gut, wie die Qualitätsverteilung in der Lagerstätte ist. Mit einem eigens entwickelten Algorithmus konnten wir die Genauigkeit auf 80–90 % erhöhen, indem wir das Lagerstättenmodell jeden Tag mit den Ist-Analysenwerten des abgebauten Materials ‚füttern’ und so täglich neu rechnen. Das hat den Vorteil, dass wir genau die Substanz abbauen, die wir wirklich brauchen, und die Lagerstätte so vollständig nutzen. Während in den 90er-Jahren die Neuberechnung des Modells mit Hochleistungsprozessoren noch eine Nacht lang gedauert hat, benötigen wir heute dafür nur wenige Sekunden. Beim Recycling nützt uns die Digitalisierung vor allem bei der qualitativen Beurteilung des ausgebrochenen Materials, das zu uns zurückkommt. Bei etwa 150.000 Artikeln, verteilt auf rund 10.000 Einsatzorten weltweit, ist das eine große Herausforderung, an der wir noch arbeiten.
Wie kann die Digitalisierung zur Optimierung der Feuerfestanwendung beitragen?
Drnek: Um den Zustand bzw. den Verschleiß der Feuerfestzustellung beim Kunden zu beurteilen, wird das Aggregat innen mit Laser vermessen und außen die Manteltemperatur digital gemessen. Wo die Außenwand heiß wird, tritt innen Verschleiß auf und die Ausmauerung ist zu erneuern. Hier kommt es darauf an, den richtigen Zeitpunkt zu wählen. Durch das digitale Scanning außen und innen kann der Kunde die feuerfeste Zustellung besser ausnützen und Durchbrüche vermeiden. Der Prozess wird sicherer und effizienter. Durch die digitale Vernetzung mit dem Kunden kann die Fertigung zeitgerecht auf seinen Bedarf abgestimmt werden. Aus diesen enormen Datenmengen erstellt eine künstliche Intelligenz Namens APO (Automated Process Optimization) einen digitalen Zwilling. Dadurch kann der Zustand der eigenen Aggregate und die Perfomance beim Kunden besser analysiert, Produkte und Prozesse können optimiert sowie Wartungsintervalle prognostiziert werden.
RHI Magnesita ist der Weltmarktführer im Feuerfestbereich mit den meisten Standorten weltweit. Das Unternehmen bietet Produkte und Dienstleistungen über die gesamte Wertschöpfungskette an, von Bergbau-, Produktions- bis hin zu vollwertigen Servicelösungen.
*Anmerkung: Das Interview mit Herrn Drnek wurde vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie von unserem Experten für den Industriesektor, Helmut Frischenschlager, geführt.