Mehr Zukunft bauen
Die Digitalisierung liefert wichtige Instrumente für nachhaltiges Bauen und Sanieren. Sie erleichtert die komplexe Kooperation der unterschiedlichen Gewerke für einen klimaneutralen Gebäudebestand.
Bis 2050 will die Europäische Union über einen klimaneutralen Gebäudebestand verfügen. Die Digitalisierung hilft dabei, die immer komplexer werdenden Anforderungen an das Bauwesen rund um Klimaschutz, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit umzusetzen. Komplexe Datenmodelle liefern dabei wichtige Unterstützung – und erleichtern die zielgerichtete Kooperation der vielen unterschiedlichen Gewerke.
„Building Information Modeling“ für Neubau
Im Neubau eröffnet das Building Information Modeling (BIM) neue Perspektiven für nachhaltiges Bauen: Dabei wird bereits in der Entwurfsphase eine digitale 3D-Repräsentation des Gebäudes erschaffen, die sukzessive durch die Daten aller am Bau beteiligten Gewerke ergänzt wird. Der „Digitale Zwilling“ des Gebäudes bildet die wesentlichen physischen und funktionalen Informationen zum Bauwerk ab. Er begleitet idealerweise den gesamten Gebäude-Lebenszyklus von der Planung über die Errichtung und den Gebäudebetrieb bis hin zu Umbau- oder finalen Rückbaumaßnahmen. BIM erhöht nicht nur die Effizienz beim Bauen, sondern auch die Nachhaltigkeit: Dadurch können etwa thermisches und energetisches Verhalten der Konstruktion optimal abgestimmt werden. Durch die Simulation verschiedener Szenarien kann die ideale Abstimmung von Gebäudehülle und Gebäudetechnik zur Optimierung der Energieeffizienz erzielt werden. Auf dieser Basis kann auch eine energieeffiziente Gebäudetechnik mit der entsprechenden Sensorik für ein Smart Home geplant und optimiert werden. Nach der Errichtung können die BIM-Daten in ein Computer Aided Facility Management (CAFM) übernommen werden, das eine intelligente und energieeffiziente Gebäudeverwaltung gewährleistet. Mit dem digitalen Gebäudezwilling besteht zudem die Möglichkeit der automatisierten Berechnung von Ökobilanzen. So können dann beispielsweise die CO2-Bilanz oder die sogenannte graue Energie, die sich im gesamten Gebäudelebenszyklus (Baustoffe, Transport, Bauprozess, Gebäudebetrieb und Entsorgung) kumuliert, durch das Datenmodell erfasst und klimagerecht optimiert werden.
„Computer Aided Measurement“ für Sanierungen
Besonders wichtig für die Erreichung der Klimaziele ist die energetische Sanierung des bestehenden Gebäudebestands. Mit Computer Aided Measurement (CAM), einer Technik des Laserscannens, kann dafür die entsprechende digitale Datengrundlage für die Übernahme in BIM geschaffen werden.
Um die Energieeffizienz von Gebäuden weiter zu verbessern, können Photovoltaikmodule auf dem Dach angebracht werden. Eine intelligente Steuerung der Verbräuche sorgt dafür, dass keine Lastspitzen aufgrund der wetterabhängigen Produktion auftreten.
Kreislaufwirtschaft auch am Bau
Durch die Erfassung und Dokumentation der Eigenschaften der verwendeten Baustoffe sowie eine recyclinggerechte Planung im BIM-Modell wird eine Wiederverwendbarkeit der Materialien im Sinne einer Kreislaufwirtschaft ermöglicht. Im Bauwesen gibt es kaum Material-Kreisläufe, da vielfach nicht mehr bekannt ist, was wo und wie verbaut wurde. Auch viele Verbundstoffe, wie die aus thermischen Gründen erforderlichen Wärmedämmverbundsysteme erschweren ein effizientes Recycling. Neue Fügeverfahren können digital modelliert werden.
3D-Druck und Baustelle 4.0
BIM schafft zudem die Grundlagen für die „Baustelle 4.0“, bei der neben der Robotik auch der 3D-Druck eine Rolle spielen kann. Das digitale Gebäudemodell kann dabei mittels eines additiven Fertigungsverfahrens als physisches Modell ausgedruckt werden. Das im Prototypenbereich bereits erfolgreich angewandte Verfahren wird in ersten Versuchen auch schon im Maßstab 1:1 erprobt. Der Druck von Bauteilen für das modulare Bauen ermöglicht ein Materialeinsparpotenzial von bis zu 45 Prozent. Die Digitalisierung ermöglicht es in vielen Bereichen, eine bessere Zukunft zu bauen.